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Heilbronner Stimme
Worte mit viel Verständbis in Szene gesetzt
Rezitation von Kleists "Findling"
So stellt man sich Unterhaltung vor, wenn jemand sagt, es sei „gute Unterhaltung“: Spannung und Tiefgang, was bedeutet, dass dem Zuschauer genügend Stoff und Raum für eigenes Nachdenken bleibt. Wo so etwas stattfindet? In der Heilbronner Stadtbücherei.
Da kommt einer daher und erlaubt sich, eine Novelle Heinrich von Kleists einfach zu rezitieren. Entsprechend gering war die Resonanz beim Publikum: kaum zwanzig Besucher. Das schmerzt den Veran-stalter, das Kleist-Archiv Sembdner, und gibt gleichzeitig einen Blick frei auf das, was offenbar derzeit nicht im allgemeinen Kanon des kulturellen Mainstreams schwimmt.
„Der Findling“ heißt diese Kleist-Novelle, die der in Düsseldorf geborene Gerhard Ferenschild rezitierte, nicht las, wie man ausdrücklich in der Vorankündigung vermerkte. Mithin eines der am wenigsten bekannten Werke Kleists, erschloß Ferenschild seinen Zuhörern die ganze Fülle einer beklemmend-spannenden Familientragödie, in der „keine der handelnden Personen an ihrem richtigen Platz im Leben steht“ wie Ferenschild in dem anschließenden Gespräch anmerkte.
Identität, die Schwierigkeit zu kommunizieren und die Suche nach der letzten Wahrheit, das sind alles Themen, mit denen sich Heinrich von Kleist sehr intensiv in seinen Dramen auseinandersetzte und die sich auch in seinem Werk „Der Findling“ wiederfinden.
Ferenschild hat die Novelle frei rezitiert. Dabei verzichtete er bewusst auf billige Effekthaschereien, sondern vertraute ganz und gar auf die dichte Formulierkunst des Dichters, zu dessen bekanntesten Werken unter anderem „Der zerbrochene Krug“ gehört.
Gerhard Ferenschild ließ den Worten ihren Raum, setzte sie mit viel Verstand und Verständnis für den Text in Szene. Das Fazit: angenehm schwer verdauliche Kost, die sich wohltuend vom üblichen Junkfood absetzte.

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